Er weht und weht und weht: Der Mistral
Er weht und weht und weht: Der MistralD
Das Thema Schnee ist seit Tagen allgegenwärtig. Es gibt aber noch einiges mehr Berichtenswertes, z.B. der nunmehr seit zwei Wochen anhaltende Mistral im Rhonetal.
Wettertechnisch dominiert derzeit nur ein Thema die Medienlandschaft. Egal, wo man hinschaut oder hinhört, „Schnee“ ist allgegenwärtig und das, obwohl im Großteil des Landes überhaupt kein Schnee liegt bzw. der Winter dort beinahe jegliche seiner Facetten vermissen lässt. Klar, der Schnee sorgte bzw. sorgt, vor allem am Alpenrand und den östlichen Mittelgebirgen, für chaotische Zustände. Doch glücklicherweise klingt der Schneefall dort am heutigen Dienstag ab und am morgigen Mittwoch hat Frau Holle sogar Urlaub – denn es bleibt trocken!
Nutzen wir doch die Gelegenheit und schauen uns mal um, was wettertechnisch sonst noch alles so in Europa passiert ist. Lohnenswert ist beispielsweise ein Blick Richtung Frankreich, genauer genommen ins untere Rhonetal – Stichwort „Mistral“. Unter einem Mistral versteht man einen böigen, kalten und zumeist trockenen Fallwind, der aus nördlicher bis nordwestlicher Richtung in das Rhonetal hinein und von dort in den angrenzenden Mittelmeerraum wieder hinaus weht. Im Rhonetal, eingepfercht zwischen Zentralmassiv im Westen und Alpen im Osten, erfährt der Wind quasi einen Düseneffekt, der nicht selten bis zur Mittelmeerküste zu Orkanböen führt.
Typischerweise sind für die Entstehung des Mistrals zwei Druckgebilde vonnöten: Ein Hoch über dem nahen Ostatlantik sowie ein Tief über Oberitalien. Diese Wetterlage existierte nun seit über zwei Wochen – mit größeren oder kleineren Abweichungen vom „Lehrbuch-Muster“: Hoher Luftdruck über dem nahen Ostatlantik, der Biskaya oder Irland, tiefer Luftdruck von Skandinavien bis in den zentralen Mittelmeerraum, z.T. mit mehreren Tiefdruckzentren.
Einer alten französischen Bauernregel nach soll der Mistral entweder genau drei, sechs oder neun Tage wehen. Dieser Volksspruch muss wohl noch etwas ausgebaut werden, denn tatsächlich blies der Mistral seit Ende Dezember 2018 mit Böen von 80 km/h und mehr im unteren Rhonetal. Einem Bericht des französischen Wetterdienstes Meteo France vom 09.01.2019 zufolge konnte die Stadt Orange im Rhonedelta bis dato den elften Tag in Folge mit Windgeschwindigkeiten über 80 km/h verzeichnen. Gestern meldete Meteo France sogar, dass der Mistral dort bis zum 12.01.2019, also 14 Tage anhielt. Zusätzlich wurden dort auch Böen bis 120 km/h gemessen (Rekord bisher 126 km/h im Jahre 2000). Zuletzt kam es in Orange im Februar 1965 zu einer ähnlich langen Serie (12 Tage).
Bis zum morgigen Mittwoch geht dem Mistral aber allmählich die Puste aus. Doch der nächste Mistral kommt bestimmt! Mal schauen, wie lange er dann durchhält.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.01.2019
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