Gefühlte Temperatur

Die Gefühlte Temperatur beschreibt das Temperaturempfinden eines Menschen, das neben der Lufttemperatur auch von der Luftfeuchte, dem Wind und der Strahlung abhängt.
Schwüle beschreibt einen Spezialfall belastenden thermischen Empfindens im feucht-warmen Milieu.

Die Gefühlte Temperatur sowie der beschriebene Schwüleindex werden mit dem Klima-Michel-Modell – basierend auf den Ergebnissen des beim Deutschen Wetterdienst betriebenen numerischen Wettervorhersagemodells  ICON EU-Nest – in einem Anschlussverfahren für das gesamte ICON EU-Nest-Vorhersagegebiet berechnet.

Beziehung zwischen Gefühlter Temperatur, thermischem Empfinden und Belastung des Organismus 1)

Gefühlte Temperatur [°C]  Thermisches Empfinden  Gesundheitliche Gefährdung 
über 38 sehr heiß sehr hoch
32 bis 38 heiß hoch
26 bis 32 warm mittel
20 bis 26 leicht warm gering
0 bis 20 behaglich keine
-13 bis 0 leicht kühl gering
-26 bis -13 kühl mittel
-39 bis -26 kalt hoch
unter -39 sehr kalt sehr hoch

1) VDI, 1998: Methoden zur human-biometeorologischen Bewertung von Klima und Lufthygiene für die Stadt- und Regionalplanung. Teil I: Klima.- VDI-Richtlinie 3787 Blatt2.

Beziehung zwischen der Enthalpie (Verdunstungspotenzial)an der Körperoberfläche und dem Schwüleempfinden

Abweichung der Enthalpie gegenüber klimatologischen Mittel [Standardabweichung]  Schwüleempfinden
größer 2 sehr stark
1,5 – 2 stark
1 – 1,5 mäßig
kleiner 1 kein

 

Vorhersagekarten für Gefühlte Temperatur und Schwüle














 

Gefühlte Temperatur

Die Gefühlte Temperatur beschreibt das Temperaturempfinden eines Menschen.
Dieses stimmt häufig nicht mit der gemessenen Lufttemperatur überein, da das Empfinden neben der Lufttemperatur auch von den meteorologischen Größen Luftfeuchte, Wind und Strahlung sowie dem menschlichen Verhalten (insbesondere der Aktivität und Bekleidung) bestimmt wird.
Damit der Organismus weder auskühlt, noch aufheizt, müssen sich Wärmegewinn und Wärmeabgabe die Waage halten. Die damit verbundene Anpassungsleistung ist ein Maß für die Beanspruchung des Organismus unter den gegebenen thermischen Bedingungen. Sie lässt sich objektiv über vollständige Wärmehaushaltsmodelle des Menschen erfassen. Diese verknüpfen alle für den menschlichen Wärmehaushalt relevanten Größen und berechnen u. a. die geforderte Anpassungsleistung.
Beim DWD wird das Klima-Michel-Modell (VDI, 1998) angewendet. Es basiert auf der Behaglichkeitsgleichung nach Fanger (1972) inkl. zusätzlicher Korrekturterme, welche die Resultate eines komplexeren Energiebilanzmodells (Gagge, 1986) über Parametrisierungen integrieren, wodurch insbesondere bei feucht-warmen Bedingungen, aber auch im Kalten eine realistischere Einschätzung erreicht wird.
Das Klima-Michel-Modell liefert eine Aussage über das durchschnittliche subjektive Empfinden des Menschen (Behaglichkeit, Wärmebelastung, Kältestress). Der Name <Michel> weist auf einen Standardmenschen hin.
Das thermisches Empfinden wird somit berechnet als eine Funktion aus den meteorologischen Variablen Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Wasserdampfdruck, mittlere Strahlungstemperatur (berücksichtigt sämtliche Strahlungsflüsse auf den Menschen)
und der metabolischen Rate sowie der Wärmeisolation der Bekleidung.
Zur Beschreibung des thermischen Empfindens dient die Gefühlte Temperatur (Staiger et al., 2012). Sie vergleicht die tatsächlich vorgefundenen Bedingungen mit der Temperatur, die in einer Standardumgebung herrschen müsste, um ein identisches Temperaturempfinden auszulösen. Die Bekleidung wird zwischen sommerlich leichter und winterlich dicker stets so variiert, dass sich der Mensch nach Möglichkeit behaglich fühlt.

Literatur
Fanger, P.O., 1972: Thermal Comfort, Analysis and Applications in Environmental Engeneering. McGraw-Hill, New York.
Gagge, A.P., A.P. Fobelets, L.G. Berglund, 1986: A Standard Predictive Index of Human Response to the Thermal Environment.
In: ASHRAE Trans., Vol. 92, 709-731
Staiger, H., G. Laschewski, A. Grätz, 2012: The perceived temperature – a versatile index for the assessment of the human thermal environment. Part A: scientific basics. Int. J. Biometeorol. No 56, 165 – 176

 

Schwüle

Der Begriff Schwüle ist im deutschen Sprachraum weit verbreitet, eindeutig wissenschaftlich definiert ist er aber nicht. Schwüle beschreibt einen Spezialfall belastenden thermischen Empfindens im feucht-warmen Milieu, bei der die Thermoregulation durch Schwitzen behindert ist. Definitionen, die nur die Temperatur und Feuchte berücksichtigen, greifen dabei zu kurz, weil auch Strahlung und Wind das Schwüleempfinden beeinflussen.
Modellhaft erfassen lässt sich die Schwüle über die Enthalpie der feuchten Körperoberfläche, die das Verdunstungspotenzial beschreibt. Sie kann mit dem oben beschriebenen Klima-Michel-Modell berechnet werden. Je höher sie im Vergleich zu den gewohnten Bedingungen ist (Abweichung vom Mittelwert), umso eher werden die Bedingungen als schwül empfunden. Als Maßeinheit lässt sich die Standardabweichung von den klimatischen Bedingungen nutzen. Es hat sich gezeigt, dass bei Menschen, die an deutsche Klimaverhältnisse angepasst sind, ab einem Unterschied von der 1-fachen Standardabweichung das Schwüleempfinden einsetzt. Mit zunehmender Abweichung verstärkt es sich.
Die Schwüle dient als Zusatzinformation zur Beschreibung der thermischen Bedingungen.

Die Gefühlte Temperatur sowie der beschriebene Schwüleindex werden – basierend auf den Ergebnissen des beim Deutschen Wetterdienst betriebenen numerischen Wettervorhersagemodells ICON EU-Nest – in einem Anschlussverfahren für das gesamte ICON EU-Nest-Vorhersagegebiet berechnet.

Literatur
Fanger, P.O., 1972: Thermal Comfort, Analysis and Applications in Environmental Engeneering. McGraw-Hill, New York.
Gagge, A.P., A.P. Fobelets, L.G. Berglund, 1986: A Standard Predictive Index of Human Response to the Thermal Environment.
In: ASHRAE Trans., Vol. 92, 709-731
Staiger, H., G. Laschewski, A. Grätz, 2012: The perceived temperature – a versatile index for the assessment of the human thermal environment. Part A: scientific basics. Int. J. Biometeorol. No 56, 165 – 176