Farbenfrohe Geometrie am Himmel
Farbenfrohe Geometrie am Himmel
Wer kennt sie nicht, die farbenprächtige Leuchterscheinung, wenn die
Strahlen der abendlich tiefstehenden Sonne auf die Regentropfen
treffen, sich durch Lichtbrechung in die Spektralfarben aufteilen und
als wunderschöner Regenbogen am Abendhimmel erscheinen? Solch eine
Erscheinung zählt mit zu den schönsten farbigen Ereignissen am
Himmel. Wer sich jedoch an manchen Tagen etwas mehr Zeit nimmt und
den Himmel genauer betrachtet, dem könnte hin und wieder auffallen,
dass es noch viel mehr solch beeindruckender Leuchterscheinungen
gibt, die teils ebenso farbenprächtig anzusehen sind wie Regenbögen
und zudem auch noch häufiger auftreten. Dies kann zum Beispiel ein
„Licht-Halo“ sein. Dieses Wort kommt aus dem Griechischen und
bedeutet so viel wie „Lichthof oder Lichtring um Sonne oder Mond“.
Keine Frage, es ist sicherlich angenehmer mit der Sonne im Rücken
einen leuchtend farbigen Regenbogen zu betrachten, als in Richtung
der grellen Sonne zu schauen, um diese meist lichtschwächeren
Leuchterscheinungen zu entdecken. Dies ist sicherlich auch ein Grund,
wieso sie nicht so oft wahrgenommen werden. Dennoch erreichen uns
Meteorologen immer wieder Anfragen interessierter Bürgerinnen und
Bürger, die mal Lichtkreise, -flecken, oder -bögen am Himmel gesehen
haben. Doch wie kommt es zu so vielfältigen Leuchterscheinungen?
Beobachtungen eines Halos sind nicht nur auf den Himmel beschränkt.
Vielleicht ist Ihnen ein Halo bei Ihrem letzten Winterurlaub
aufgefallen. Denn nicht selten sieht man sie in Verbindung mit den
von Schneekanonen erzeugten feinen Kristallen oder bei fallendem
Polarschnee (Resublimation von Wasserdampf in Eisnadeln
(unmittelbarer Übergang vom gasförmigen in den festen Zustand) bei
sehr kalter Luft). Weitere Informationen zu „Sublimation“ finden Sie
unter www.dwd.de/lexikon. Alle Halo-Prozesse finden in Verbindung mit
Eiskristallen statt und diese gibt es in der unteren Atmosphäre zu
Genüge. Dort sind Halos in Verbindung mit Cirruswolken (Eiswolken in
8 bis 12 km Höhe) zu finden. Diese Wolken entstehen unter anderem
durch aufgleitende Luft zum Beispiel entlang einer Warmfront, wobei
zahlreiche Schnee- und Eiskristalle gebildet werden. Das dabei
entstehende Kristallspektrum reicht von Säulenkristallen bis hin zu
Plättchenkristallen mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Einfallendes
Sonnenlicht wird nun beim Eindringen in diese hexagonal geformten
Kristalle gebrochen und reflektiert, wobei das Licht je nach
Ausrichtung des Kristalls und Einfallswinkel des Lichts nach teils
mehrfacher Reflexion wieder austritt. Dank dieser Prozesse entstehen
die unterschiedlichen Farben und Formen eines Halos.
Das Faszinierende ist, dass sowohl die Ausrichtung der Kristalle,
deren Größe und auch Form für die unterschiedlichsten Haloformationen
verantwortlich sind. Ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt der
Sonnenstand, was entsprechend auch den Einfallswinkel der
Lichtstrahlen in die Kristalle bestimmt. Die Beschreibung der
Entstehung der über 50 bekannten Haloarten würde den Rahmen des
Beitrags sprengen. Daher soll in diesem Thema des Tages kurz auf die
wunderschönen Beobachtungen meiner Arbeitskollegin Julia Fruntke
eingegangen werden, die zu einem Panoramabild zusammengefügt wurden
und unter www.dwd.de/tagesthema zu finden sind. Die Aufnahmen wurden
am 02. August 2015 auf einer Forschungsfahrt in der Arktis auf hoher
See westlich von Spitzbergen/Svalbard gemacht:
Am Vormittag dieses Augusttages konnte gegen 10 Uhr ein sogenannter
„Unterer Berührungsbogen“ fotografiert werden (von links nach rechts
gesehen Bild 1 und 2, wobei Bild 2 einen Zoom aus Bild 1 darstellt).
Das einfallende Sonnenlicht wird dabei in einem horizontal
ausgerichteten Säulenkristall an 2 Seitenflächen gebrochen, bevor der
Lichtstrahl den Kristall wieder verlässt. Dabei weist dieser eine zur
Sonne hin rötliche Färbung auf. Es sollte noch erwähnt werden, dass
der „Untere Berührungsbogen“ eine nicht so häufig vorkommende
Leuchterscheinung ist, da die Sonne um 22° über dem Horizont stehen
muss (dort lag der Sonnenstand bei ungefähr 26°).
Gegen 16 Uhr hat die Kollegin dann noch zwei „Nebensonnen“ entdeckt,
die links und rechts der Sonne zu finden waren (Bild 3). Dabei wird
das Licht an zwei Seitenflächen eines horizontal ausgerichteten
Plättchenkristalls gebrochen. Die der Sonne zugewandte Seiten der
Nebensonnen erscheinen erneut in einer rötlichen Farbe.
Gegen 17 Uhr konnte dann noch ein „Zirkumzenitalbogen“ fotografiert
werden (Bild 4). Dieser entsteht, wenn das Sonnenlicht durch
horizontal ausgerichtete Eiskristalle fällt und an einer Basisfläche
und einer Seitenfläche gebrochen wird. Diese Leuchterscheinung ist im
Zenit (senkrecht) zur Sonne zu finden. „Nebensonne“ und
„Zirkumzenitalbogen“ entstehen häufig zeitnah zusammen, da sich die
Eiskristalle hinsichtlich ihrer Form sehr ähneln. Ist das nicht eine
berauschende Farbenpracht?
Man erkennt an diesen Bildern, wie vielfältig die Leuchterscheinungen
von Halos sein können, je nachdem wie ausgeprägt die Cirrusbewölkung
ist und wie die Sonne relativ zum Beobachter steht. Sollten Sie in
den kommenden Wochen und Monaten einen milchig-weißen Himmel
erblicken, durch den die Sonne mal mehr mal weniger gut durchscheint,
dann nehmen Sie sich doch mal die Zeit und suchen den Himmel nach
einem Halo ab. Sie werden überrascht sein, wie viele Sie im Lauf der
Zeit entdecken können und wie farbenprächtig diese sein können. Für
weiterführende Informationen kann Ihnen die folgende Internetseite
ans Herz gelegt werden: http://www.meteoros.de/themen/halos/. Ich
wünsche Ihnen viel Spaß beim Stöbern, Schauen und Staunen!
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.09.2015
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
Kommentare
Farbenfrohe Geometrie am Himmel — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>