Hurrikan-Saison 2015 im Atlantik – ein erster Zwischenstand
Hurrikan-Saison 2015 im Atlantik – ein erster Zwischenstand
Sie fragen sich nun sicherlich einerseits, wieso in diesem Jahr so viele der Tropenstürme solch eine Intensität erreicht haben und wieso das in einem Beitrag erwähnt wird, wo es doch um die Tropenstürme im Atlantik gehen sollte. Nun, die Antwort ist leider eine wenig erfreuliche, denn um eine Hurrikanprognose im Atlantik zu erstellen, müssen unzählige Parameter betrachtet werden und riesige Meeresflächen auch abseits des Atlantiks untersucht werden, wie zum Beispiel die des Pazifiks. Man kann sich also vorstellen, dass es von Natur aus große Unsicherheiten bei dieser Vorhersage gibt.
In den letzten Monaten hat sich jedoch die Vorhersage u.a. der nordamerikanischen „National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA“ nach mehrmaliger Korrektur nun doch bewahrheitet, die im Verlauf des Frühjahrs 2015 die Entwicklung eines El Nino im Pazifik erwartet hat. El Nino ist ganz grob gesagt eine Klimaanomalie, die sich zwischen der Westküste Südamerikas und dem südostasiatischen Raum (z.B. Indonesien) alle paar Jahre ereignet. Die Auswirkungen jedoch sind in einem deutlich größeren Gebiet zu spüren.El Nino spiegelt sich u.a. durch eine außergewöhnlich hohe Wassertemperatur im Ostpazifik wieder. Dabei sorgt der aktuelle El Nino im gesamten tropischen Pazifik (inklusive dem Ost- und Westpazifik) für positive Temperaturanomalien, die teils plus 1 Kelvin vom Normalwert abweichen. Da Tropenstürme ihre Energie vom warmen Meerwasser beziehen, ist es nicht verwunderlich, dass sich in diesen Gebieten in dieser Saison die Tropenstürme rasant verstärken konnten, wenn zusätzliche Parameter wie geringe Windscherung (Windzunahme mit der Höhe) und eine feuchte Troposphäre ebenfalls vorhanden waren.
Und eben dieser El Nino sorgte bisher im tropischen Atlantik für einen ruhigen Start in die diesjährige Hurrikansaison, die vom 1. Juni bis 30. November andauert. Bisher traten nur drei schwache tropische Stürme auf. Egal welche Vorhersage man sich anschaut, es gibt eine außergewöhnlich hohe Übereinstimmung, dass die Saison 2015 mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent unterdurchschnittlich verlaufen wird. Folgende Aktivität wird erwartet (in Klammern die jeweiligen saisonalen Mittel von 1981 bis 2010): 6 bis 11 benannte Stürme (12), 3-6 Hurrikans (6) und 0-2 starke Hurrikans (3) mit einem ACE von 40-85% vom saisonalen Mittelwert. Man erkennt schon an der Spreizung der Werte, dass die Unsicherheiten, wie viele Stürme nun letztendlich auftreten werden, weiterhin recht groß sind. Jedoch ist die Sicherheit innerhalb der Vorhersagen unterschiedlicher Institutionen wie z.B. Universitäten sehr hoch, dass dieses Jahr eine unterdurchschnittliche Saison im Atlantik erwartet wird.
Doch woher kommt nun diese Sicherheit einer zu schwachen Saison? Sie können es bereits erahnen: El Nino. Aus der Historie früherer El Nino Jahre zeigte sich, dass sich über dem tropischen Atlantik meist ein Windfeld aufbaut, welches nicht förderlich für die Entwicklung tropischer Stürme ist, da es die Windscherung erhöht. Dies ist auch aktuell zu sehen, wo in weiten Bereichen des tropischen Atlantiks eine hochreichende Windscherung von 55-110 km/h innerhalb der Troposphäre zu finden ist. Diese sorgt grob gesagt dafür, dass sich bildende Gewitter nicht zu einem langlebigen Cluster zusammenballen können, sondern diese regelrecht „auseinandergerissen“ werden. Dennoch muss man auch in solch einer Saison damit rechnen, dass irgendwann in einem kleinräumigen Gebiet die Bedingungen für die Entwicklung eines starken Hurrikans vorübergehend gewährleistet sein können. Wenn dies ungünstigerweise vor einem Küstenabschnitt passiert, dann kann auch ein vermeintlich ruhiges Jahr in den internationalen Medien urplötzlich in Form eines schadensträchtigen Hurrikanereignisses auftauchen.
Anfang August werden die Prognosen der Hurrikansaison aktualisiert, doch bereits jetzt ist absehbar, dass es keine signifikante Änderung mehr geben wird. Im Gegenteil, der El Nino intensiviert sich immer weiter. Einige Wissenschaftler sehen sogar mittlerweile Anzeichen für einen extrem starken und rekordverdächtigen El Nino, der sich im Verlauf der kommenden Monate weiter verstärken könnte. Es bleibt daher nur zu hoffen, dass wenn sich doch ein starker Hurrikan bilden sollte, es dieser als sogenannter „Fischsturm“ über dem offenen Meer und ohne Landbedrohung nur in die Statistik und nicht mit einem Landgang in die internationale Presse schafft!
Dipl.-Met. Helge Tuschy Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.07.2015 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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