Schafskälte und Spätfröste
Schafskälte und Spätfröste
Dabei wird die Abkühlung nicht nur durch den fehlenden Wärmeinhalt der zugeführten Luftmasse hervorgerufen. Ein großer Teil des nächtlichen Abkühlungsbetrages ergibt sich aus den Wirkungen der langwelligen, infraroten Strahlung. Dazu muss man wissen, dass die Erde und damit auch die Atmosphäre ihre Energie im Wesentlichen durch die tagsüber von der Sonne empfangene, kurzwellige Strahlung im sichtbaren Spektralbereich gewinnen. Sie wird vor allem an der Erdoberfläche absorbiert und dann an die Atmosphäre in Form von Wärme abgegeben. Nachts dominiert der Energieverlust durch langwellige Ausstrahlung von der Erdoberfläche, die sich dabei abkühlt. Sofern Wolken den Nachthimmel bedecken, wird die infrarote Ausstrahlung durch eine sog. atmosphärische Gegenstrahlung gedämpft. Insbesondere in trockenen, klaren Nächten ohne nennenswerte atmosphärische Gegenstrahlung ist die langwellige Strahlungsbilanz stark negativ und es wird besonders kalt.
Ein weiterer Aspekt sind die thermischen Verhältnisse im Erdboden. Böden mit guter Wärmeleitfähigkeit, können am Tage entsprechend viel Wärme aufnehmen und ein Energiereservoir bilden, welches eine allzu starke nächtliche Abkühlung kompensiert. Schlecht wärmeleitende Böden weisen hohe Tag-Nacht-Schwankungen der Temperatur auf und sind zur Wärmespeicherung ungeeignet. Prinzipiell leiten mineralische Böden (z.B. Ton, Lehm) die Wärme besser als organische, stark humushaltige Böden (Moor, Torf); feuchte Böden leiten besser als trockene; außerdem sind feste, unverarbeitete Böden bessere Wärmeleiter als bearbeitete, lockere Böden.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich die meteorologischen „Kältelöcher“ mit Spätfrösten auch noch im meteorologischen Frühsommer, in klaren Nächten nach Polarlufteinbrüchen, stets auf Böden mit schlechter Wärmeleitung ausprägen. In der Nacht zum gestrigen Montag (15.06.2015) war Quickborn (nördlich von Hamburg) der kälteste Ort Deutschlands. Knapp über dem torfhaltigen Erdboden kühlte sich die Luft auf -1,6 °C ab. Eine Karte der nächtlichen Temperaturminima (in ganzen °C) in Bodennähe vom heutigen 16.06.2015, 06:00 UTC, unterlegt mit einem Satellitenbild, finden Sie rechts in der Rubrik „Thema des Tages“ unter [mehr]. In der vergangenen Nacht war der Himmel über Norddeutschland bedeckt und die Temperaturminima blieben durchweg positiv. Weiter südlich allerdings wurde es in einer Zone mit geringer Bewölkung wieder empfindlich kalt. Spitzenreiter war das niederländische Twente (nahe der deutschen Grenze) mit -4,1 °C, in dessen Nachbarschaft auch Moor- und Heidelandschaften sind.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.06.2015
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