Wechselhaftes Wochenendwetter
Wechselhaftes Wochenendwetter
Derzeit überschlagen sich die Wetterseiten mit Meldungen über Gewitter und Unwetter ab Morgen Nachmittag. Da ich fast ausschließlich dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Norwegischen Meteorologischen Institut vertraue, warte ich immer bis beide Quellen markantes Wetter vorhersagen. Jetzt ist es wieder so weit. Morgen startet ein unbeständiges Wochenende mit schwülwarmen Wetter und heftigen Gewittern.
Kurzfristige synoptische Übersicht
Unwetterpotenzial
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
Aktuell … reicht ein nach Osten gerichteter Trog eines Höhentiefs über dem Ostatlantik bis nach Mitteleuropa. Zwischen einem weiteren Cut-Off-Tief über Osteuropa und dem atlantischen Tief wölbt sich ein Höhenrücken über dem Mittelmeer, Italien bis nach Süddeutschland auf. Die Nordhälfte Deutschlands wird in der Höhe von einem nordostwärts ziehenden Kurzwellentrog beeinflusst, der ein IPV-Maximum über Nordosttschechien aufweist. In seinem Einflussbereich haben sich dichtere Cu-Felder gebildet.
Im Bodendruckfeld sind weite Teile Deutschlands schwach zyklonal geprägt. Es lässt sich nur ein schwacher Gradient ausmachen. Auffälligste Struktur ist eine Konvergenz im Nordosten Deutschlands, die nun zunehmend unter das Hebungsfeld des Kurzwellentroges kommt. Dadurch setzt dort etwas Labilisierung ein. Die dadurch von den Modellen simulierten Schauer und Gewitter wurden jedoch nicht ausgelöst.
Im Süden fließt allmählich feuchtere und labilere Luft ein. Die 1200-UTC- Soundings zeigen ML-CAPE-Werten um 300 J/kg. Einige Gewitter wurden orografisch ausgelöst. Bei PW-Werten von 25 – 30 mm und nur schwacher Verlagerung ist lokal Starkregen möglich. Weitere schwache Gewitter greifen von Frankreich auf das Saarland und RLP über.
In der Nacht zum Freitag lässt die Gewitterneigung rasch nach. Allerdings zieht von Frankreich kommend ein Regengebiet auf, das zu einer Warmfront gehört, die in der Höhe von einem Kurzwellentrog gestützt wird. Am Morgen überdeckt dieses Regengebiet Teile NRWs, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Osthessen. Die Niederschläge sind vorwiegend an dessen Südrand konvektiv durchsetzt. So kann es lokal zu Starkregen mit über 20 mm / 3 Stunden kommen. C-DE-EPS gibt dafür in den letzten Läufen schwache Signale mit Wahrscheinlichkeiten von 10 – 30 %.
Freitag … am Vormittag zieht die Warmfront mit dem zugehörigen Kurzwellentrog über die Mitte Deutschlands. Bezüglich der Zugbahn des zugehörigen Niederschlagsgebietes gibt es noch einige Unsicherheiten. Die meisten Modelle rechnen den Niederschlagsschwerpunkt am Mittag zwischen Thüringer Wald und Harz.
Südlich der Warmfront fließt von Südwesten her bodennah sehr feuchte und labile Luft ein. Am Alpenrand steigt die 850-hPa-Temperatur bis 15 Grad. Zusätzlicher Feuchteeintrag liefert das abziehende Regengebiet an der Warmfront. Des Weiteren soll die Wolkendecke langsam auflockern. Die hoch aufgelösten Modelle simulieren zwischen Alb und der Mittelgebirgsschwelle etwa 700 – 1200 J/kg ML-CAPE. Diese Region liegt am Nordrand eines schwachen Windmaximums in mittleren Höhen. Die DLS beträgt etwa 15 bis 20 m/s. Über dem Süden Deutschlands wird ein schwach konvergentes Bodenwindfeld simuliert, sodass der Bodenwind südlich der Warmfront in den meisten Modellen aus östlichen Richtungen berechnet wird. Dies führt zu einem Anstieg der SRH in einem Streifen von RLP über Südhessen, nördliches BaWü bis nach Franken. WRF berechnet hier eine SRH von etwa 200 m^2/s^2.
Von der Höhe her gibt es nur einen relativ schwachen Antrieb. Die Auslösung wird von den meisten Modellen für die späten Nachmittagsstunden berechnet. Nach WRF sollen Gewitter über RLP ausgelöst werden, die dann eine stärkere Superzelle hervor bringen, welche über Südhessen Richtung Franken und später Richtung Oberpfalz und Bayerischer Wald ausschert.
Nach derzeitigem Stand sollte die Hauptaktivität am späten Nachmittag bzw. Abend in einem Streifen von Saarland/RLP über Südhessen und Franken liegen, später dann über Nordbayern, etwa nördlich der Donau und eventuell Südsachsen. In diesem Bereich sind kräftige Zellen, auch Superzellen mit schweren Sturmböen, größerem Hagel und Starkregen möglich. Im Alpenvorland ist eine Auslösung von Gewittern fraglich, da leichter Föhn und der Höhenkeil die Luftmasse etwas deckeln.
Größere Unsicherheiten in dieser Entwicklung bestehen noch in Bezug auf die Zugbahn und Intensität des Regengebiet am Vormittag und wie schnell die Bewölkung dahinter auflockert. Euro4 lässt es sogar an diesem Regengebiet über Sachsen stärker auslösen.
Samstag … steilt sich der Langwellenrücken über dem östlichen Mitteleuropa auf und der vom Ostatlantik-Höhentief zunächst südwärts weisende Trog schwenkt zur Iberischen Halbinsel. Seine Achse liegt am Tagesende über Nordspanien und dem westlichen Mittelmeer. Bei insgesamt abnehmender südwestlicher Höhenströmung sind um 24 UTC die Isohypsen über Deutschland leicht antizyklonal gekrümmt, bei quasi nicht vorhandener Vorticityadvektion.
Im Bodendruckfeld wird Deutschland zyklonal bestimmt. Die Warmfront liegt über dem Norden von Deutschland und bildet eine Welle an einem schwachen Tief über den Niederlanden.
Große Teile Deutschlands sind von der feuchtwarmen Luft überflutet worden. Die CAPE Werte sind mit verbreitet 1000 – 1500 J/kg noch etwas höher, als am Vortag. Die DLS ist im Norden mit 10 – 15 m/s relativ schwach, während sie im Süden besonders am Abend zunimmt. In der Nordhälfte besteht nur ein schwacher Deckel, sodass Konvektion voraussichtlich gut ausgelöst werden kann und sich rasch kräftige Zellen bilden, die zu Multizellen verclustern. Die Hauptgefahr geht dabei von heftigem Starkregen aus. ICON und GFS rechnen die Hauptaktivität an der Warmfront in einem breiten Streifen über dem Norden und Nordosten, während WRF dort weniger Aktivität sieht. Im Süden, wo die Scherung höher ist (DLS 15-20 m/s), besteht noch ein etwas stärkerer Deckel. Dort können sehr kräftige auch etwas isoliertere Zellen auftreten. Später dreht der Bodenwind im Süden auf Ost. WRF rechnet mit einem Anstieg der SRH bis 150 m/s. Was wieder einzelne Superzellen möglich macht, die von WRF auch so für die späten Abendstunden für den Südwesten berechnet werden. Diese sollen dann in der Nacht zu einer Linie verclustern.
Bezüglich der genauen Vorhersage bestehen allerdings noch größere Unsicherheiten. Auch werden die Auswirkungen der Gewitter am Vortag eine Rolle spielen. Gemeinsamkeit aller Modelle ist jedoch, dass ein hohes Unwetterpotenzial besteht. Bei diesem hohen potenziellen Energiegehalt ist es wahrscheinlich, dass die Gewitter die Nacht zum Sonntag überdauern.
Sonntag … kommt der Trog weiter östlich voran. Die Höhenströmung dreht auf Süd. Vorderseitig des Langwellentroges simulieren die Modelle ein Tiefdruckgebiet mit Zentrum über Deutschland. Dies zieht von Südosten her weiter feuchte und labile Luftmassen heran. Die 850-hPa-Temperatur liegt zwischen 12 und 15 Grad. Bei CAPE-Werten von 1000 – 1500 J/kg muss weiterhin von unwetterartigen Gewittern ausgegangen werden. Die meisten Modelle, vor allem ICON berechnen bereits am Vormittag einen Gewittercluster bzw. die Reste eines Gewitterclusters aus der Nacht über dem Südwesten und der Mitte Deutschlands. Auf weitere Details soll hier nicht eingegangen werden, da die genaue Entwicklung aufgrund der Vorgeschichte (Gewitter am Vortag) und Modellsprüngen noch zu unsicher ist. Allerdings könnte sich nach derzeitigem Stand an der Nordflanke des Tiefs über Ostdeutschland eine kräftigere Unwetterlage andeuten, wenn der Bodenwind dort auf östliche Richtungen drehen sollte.
Modellvergleich und -einschätzung
Modellunterschiede wurden bereits im Text erwähnt.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Christian Herold
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