Wenn Wolken nachts erstrahlen
Wenn Wolken nachts erstrahlen
Doch niedrige Temperaturen alleine können die Bildung dieser Wolken noch nicht erklären, denn es bedarf ja auch gewisser Kondensationskerne, die dafür sorgen, dass sich die Eispartikel an diesen ablagern können. Hierzu hat die Wissenschaft mehrere Antworten parat. Weiterhin gilt die Vermutung, dass nach besonders intensiven Vulkanausbrüchen die Asche ausreichend hoch in diesen Bereich der Atmosphäre geschleudert werden kann, wurden doch die ersten leuchtenden Nachtwolken nach dem Ausbruch des Krakatau (Indonesien) im Jahr 1885 beobachtet. Die Hauptverursacher jedoch scheinen vor allem verglühende Meteoroide zu sein, die entsprechende Kondensationskerne in Form von Staubpartikeln in diesen Atmosphärenbereich einbringen. Ist das nicht eine faszinierende Vorstellung, dass die aus den Tiefen des Weltraums und nach einer aus unserer Zeiterfassung nicht rational erfassbaren Reisezeit eintreffenden und rasch zerfallenden/verglühenden Gesteinsbrocken die Grundlage für die Bildung dieser mystisch ausschauenden Wolken bilden?
Untersucht werden diese Wolken übrigens zum Beispiel am Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik (IAP) inKühlungsborn, wo dieses Phänomen entweder aktiv mit Hilfe von LIDARs (Light Detecting and Ranging, wo Laserimpulse ausgesandt werden und das aus der Atmosphäre zurückgestreute Licht detektiert wird) oder passiv mit Kameras beobachtet und untersucht wird.
Die Eiswolken sind natürlich auch tagsüber vorhanden, jedoch kann man sie aufgrund des Sonnenlichtes nicht erkennen, sodass man abwarten muss, bis die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Der Literatur entsprechend reicht dabei bereits ein Sonnenstand von 6° unter dem Horizont aus, dass man die Wolken erkennen kann, wobei die besten Bedingungen, sprich die strahlendsten Wolken, bei einem Sonnenstand von 10-12° unterhalb des Horizonts auftreten.Dann ist der Himmel bereits dunkel genug um die Wolken zu erkennen, die jedoch noch von der Sonne angestrahlt werden. Die bläuliche Farbgebung erklärt sich daraus, dass die Eispartikel den grünen, blauen und violetten Anteil streuen, wobei der bevorzugte blaue Anteil letztendlich den für den Betrachter „bläulichen Stich“ ergibt. Derweilen wurden die Farbanteile rot und vor allem orange bereits beim Durchqueren der Stratosphäre mithilfe des Ozons absorbiert. Somit kann man in den genannten Sommermonaten zwischen dem 50. und 65. Breitengrad immer wieder diese märchenhaft anmutenden zarten, bläulichen Schleier erkennen. Diese können in Norddeutschland von Anfang Juni bis Mitte Juli auch die gesamte Nacht über sichtbar sein, da die Nachtwolken nie in den Erdschatten gelangen. Nördlich des 65. bis 70. Breitengrads wiederum sinkt die Sonne nicht tief genug, um den Blick auf diese Wolken freizugeben.
Auch in diesem Jahr gab es bereits die ersten Sichtungen, wie z.B. vom 6. auf den 7. Juni 2015 im Norddeutschen Tiefland. Leider spielt das Wetter die kommenden Tage deutschlandweit nur bedingt mit, denn wiederholt durchziehende Tiefausläufer sorgen mit dichten Wolken für geringe Chancen, dass man die Nachtwolken erblicken kann. Doch sollten Sie mal nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang unterwegs sein, dann lohnt sich gewiss ein Blick in Richtung Himmel und vielleicht werden Sie ja Zeuge dieses Naturschauspiels. Ich drücke Ihnen die Daumen!
Dipl.-Met. Helge Tuschy Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.06.2015 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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