Der Föhn – Gerührt, nicht geschüttelt
Gerührt, nicht geschüttelt
Die Freunde des wohl bekanntesten britischen Agenten werden diesen
Satz sofort mit James Bond in Verbindung bringen. Auch dann, wenn der
aktuelle Vertreter nach eigener Aussage nicht so aussieht, als würde
ihn das interessieren. In der Meteorologie wird ebenfalls manchmal
ordentlich gerührt, wobei dieser Cocktail dann garantiert
alkoholfrei, wenngleich nicht immer bekömmlich ist.
Die Rede ist vom Föhn, der ja gestern im Thema des Tages schon eine
Rolle gespielt hat. Die Situation am vergangenen Mittwoch und
Donnerstag ist es allerdings wert, nochmal einen genaueren Blick
darauf zu werfen, denn lokal gab es sehr interessante Entwicklungen
zu beobachten, beispielsweise an der Station Glarus in der
Ostschweiz. Die Grafik zu den Erläuterungen finden Sie unter
www.dwd.de/tagesthema (alle Zeitangaben sind in Weltzeit; um die
entsprechende Zeit in MESZ zu erhalten, sind zwei Stunden zu
addieren).
In der Nacht zu Mittwoch setzte in Glarus der Föhn ein, so dass die
Temperatur in einer Stunde von 11 Grad auf 21 Grad anstieg (rote
Kurve im oberen Teil der Grafik). Einige Stunden stieg die
Temperatur, entgegen der sonst üblichen tagesgangbedingten Abkühlung,
weiter an. Dieser Prozess hielt bis um 10 Uhr an, dann sackte die
Temperatur um 7 Grad ab.
Der Grund dafür ist, wie auch der für den wenige Stunden später
folgenden schnellen Anstieg, in den drei unteren Teilgrafiken
dargestellt. Während Glarus in der „Föhnzeit“ (Abbildung unten links)
an der Südostflanke einer langgestreckten Tiefdruckrinne (gelb) lag,
schwächte sich diese um die Mittagszeit (Abbildung unten Mitte) genau
nördlich von Glarus ab bzw. sie riss auseinander. In der Folge drehte
der vormals südöstliche Wind auf West bis Nordwest (blauer Kasten in
der oberen Grafik). Oder, um es mit Bond, James Bond, zu sagen:
Einmal gerührt, bitte! In der roten Temperaturkurve ist dieser
Temperaturrückgang deutlich zu erkennen. Aber auch die darunter
liegende Feuchtekurve reagiert, und zwar mit einem markanten Anstieg,
da zu diesem Zeitpunkt feuchtere Luft einströmte. Die Temperaturwerte
dieses etwa drei Stunden andauernden Zeitraumes sind in der oberen
Grafik mit einem roten Kasten markiert.
Die Unterbrechung des Warmluftstroms war allerdings nur ein kurzes
Intermezzo, sozusagen eine Bond’sche Affäre. Von 13 auf 14 Uhr
Weltzeit stieg die Temperatur wieder um 8 Grad an. Erklärung: Der
Luftdruck nördlich von Glarus war wieder gesunken. Und in der neuen
(alten) Druckverteilung setzte der Föhn wieder ein, begleitet von der
zu erwartenden Winddrehung auf Südwest. Also nochmal gerührt! Aus der
Farbgebung der grün-gelben Windfieder ist auch zu erkennen, dass der
Föhn ordentlich geweht hat. Während dunkelgrün schwachen Wind
andeutet, weisen hellgrün und gelb auf kräftige Böen hin. In der
Spitze sind am Mittwoch in Glarus 84 km/h aufgetreten.
Für manchen Wetterfühligen ist ein solcher Ablauf ein Alptraum und,
wie oben angedeutet, wenig bekömmlich. So wie für andere der Konsum
von zu viel Martini – egal ob gerührt oder geschüttelt.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.09.2015
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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