Gewitter mit Unwetterpotential 07.07.2017
Gewitter mit Unwetterpotential 07.07.2017
Uhrzeit: 16:00
Schwül und heiß ist es. Das bedeutet jede Menge ENergie für Gewitter. Derzeit schleicht sich eine Zelle von Nordwesten herein. Hauptsache es wird nicht wie vor 2 Jahren.
Passt auf euch auf.
Wetterwarnung
WARNLAGEBERICHT für Sachsen-Anhalt
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am Mittwoch, 28.06.2017, 09:33 Uhr
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am Freitag, 07.07.2017, 15:33 Uhr
Örtlich starke Gewitter, nachts allmählich abklingend. Am Sonnabend heiter, einzelne Schauer.
Entwicklung der Wetter- und Warnlage für die nächsten 24 Stunden bis Samstag, 08.07.2017, 15 Uhr:
Vorübergehend wird warme und zu Gewittern neigende Luft nach Sachsen-Anhalt geführt. Nachfolgend fließt am Sonnabend wieder etwas trockenere Meeresluft ein.
Heute und in der kommenden Nacht können örtlich starke Gewitter mit Starkregen bis 25 l/qm in kurzer Zeit, stürmischen Böen bis 74 km/h (Bft 8) und kleinkörnigem Hagel auftreten. Mit geringer Wahrscheinlichkeit treten lokal eng begrenzt unwetterartige Entwicklungen mit heftigem Starkregen um 30 l/qm innerhalb kurzer Zeit, Hagel und Sturmböen um 85 km/h (Bft 9) auf. Die Intensität der Gewitter wird im Nachtverlauf abnehmen. Am Sonnabend tagsüber werden voraussichtlich keine weiteren Wettergefahren erwartet.
Deutscher Wetterdienst, RWB Leipzig, Manuel Voigt
Synoptische Übersicht
Heute im Tagesverlauf wieder auflebende Gewittertätigkeit, dabei lokale Unwetter. Am Samstag Gewitterminimum, am Sonntag von Süden her wieder zunehmende Wahrscheinlichkeit.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… befindet sich Deutschland unter einer leicht mäandrierenden westlichen Höhenströmung, in der gerade ein besonders in 300 hPa gut sichtbarer KW-Trog dabei ist, Deutschland ostwärts zu passieren. Bis Mittag sollte dieses Unterfangen weitgehend abgeschlossen sein, bevor dann ein noch flacherer, recht breit aufgestellter Rücken auf uns zusteuert. Davor dreht der Höhenwind etwas nach rechts auf W-NW, wobei NVA für eine leichte, aber nicht wirklich durchgreifende Stabilisierung in der mittleren Troposphäre sorgt. Korrespondierend zum Trog hat sich ein flaches Bodentief gebildet, das am frühen Morgen etwa über dem Emsland detektiert werden konnte. Es zieht im Tagesverlauf über „G20-Gebiet“ hinweg in Richtung Rügen. Während die zugehörige Warmfront noch etwas nach NO vorankommt, wurde auf die Kaltfront in den Nachtanalysen mangels ausreichend Baroklinität verzichtet. Kurzum, in weiten Teilen des Landes macht sich heute potenziell instabile und durch die gestrigen bzw. nächtlichen Gewitter zusätzlich angefeuchtete Warmluft breit, die eine mehr als solide Grundlage für weitere konvektive Schandtaten bildet. Allerdings lassen abnehmende Scherwerte und fehlende synoptische Strukturen organisierte Konvektion wenig wahrscheinlich werden, so dass eher von Einzel- oder Multizellen ausgegangen werden sollte, die aber – vor allem im Süden – durchaus zu einem größeren System verclustern können. Folgender Ablauf ist nach aktueller Bestandsaufnahme und Sichtung diverser numerischer Produkte vorstellbar: zunächst mal ziehen die Gewitterreste aus der Nacht (vor allem Südhälfte, teils Osten) ostwärts ab bzw. schwächen sich zusehends ab, sprich, sie laufen in die traditionelle vormittägliche Gewitterdepression hinein. Ob sich die bestehende „Radarlinie“ im NO dabei noch mal so stark aktiviert wie von einigen Modellen gezeigt (z.B. COSMO-DE), muss vor dem Hintergrund der dort z.Zt. noch lagernden trockeneren Luft bezweifelt werden. Im weiteren Verlauf des Tages kristallisieren sich dann zwei Schwerpunkte heraus, wo die ML-CAPE-Werte, aber auch das PPW ein Maximum aufweisen. Zum einen handelt es sich um einen breiten Streifen, der vom westlichen NDS und dem nördlichen NRW bis nach Sachsen und BB reicht. Dort erreicht die CAPE stellenweise Werte von 1500-2000 J/kg bei PPWs von rund 35 mm. Selbst wenn die Numerik etwas übertreibt, sind das doch solide Randwerte, um einige kräftige Zellen entstehen zu lassen. Es fällt allerdings auf, dass die Labilität nach Westen hin nicht so ausgeprägt ist wie weiter östlich (siehe LapseRates). Fakt ist, dass die CAPE ungedeckelt ist und somit die Konvektion wahrscheinlich schon ab Mittag recht unvermittelt zunächst im Bergland, dann aber auch diabatisch getriggert in Gang kommt. Die Hauptgefahr geht dabei von größerem Hagel und – obwohl die Zellen bei 850-hPa-Winden von 20 bis 25 Kt ziehen – Starkregen aus, wobei besonders in der Mitte und nach Osten hin lokale Unwettergefahr besteht. Sturmböen sind zwar ebenfalls möglich, aufgrund der moderaten Höhenströmung sowie des vergleichsweise geringen Spreads der Luftmasse nicht überbordend wahrscheinlich. Der zweite Schwerpunkt potenzieller Gewitter befindet sich im Süden, sprich in großen Teilen Bayerns und BWs. Dort weist die Luftmasse ähnliche Qualitäten auf wie in o.e. Zone 1. Die Labilität ist sogar noch stärker ausgeprägt, dafür ist die CAPE teilweise gedeckelt. Ausgehend vom Bergland (vielleicht auch durch eine Outflow-Boundary) dürfte es trotzdem zur Auslöse von (recht hochbasigen) Gewittern kommen, wahrscheinlich aber etwas später als weiter nördlich. Lokale Unwetter sind durch Starkregen und größeren Hagel zu erwarten. Hinzu kommt, dass die Prognosetemps im Süden eine inverse V-Struktur zeigen, was angesichts der derzeit beobachteten etwas niedrigeren Taupunkte (tw. nur bei 12-14°C) auch plausibel ist. Dadurch sind bei den Gewittern auch Sturmböen ins Kalkül zu ziehen, für Orkanböen wird es wohl nicht reichen. Auffallend in mehreren Modellen ist der Einschub trockenerer Luft im Westen des Landes (PPWs unter 30 mm, kaum CAPE), der durch aktuelle Beobachtungen (gebietsweise Taupunkte unter 15°C im Bereich Mosel und Ardennen) real belegt ist. Dort dürften Schauer und Gewitter deutlich seltener sein bzw. gar nicht auftreten. Der Chronistenpflicht halber sei noch erwähnt, dass die meiste Sonne im Süden der Republik anzutreffen sein wird, wo es mit 28 bis 33°C auch am heißesten wird (incl. starke Wärmebelastung). Ganz im Norden reicht es hingegen „nur“ zu 19 bis 25°C. Hinzu kommt im Süden gebietsweise ein vorübergehend etwas auflebender SW-Wind (Gradient südlich des Tiefs plus Konvektion), dessen Warnrelevanz aber noch unsicher ist.
In der Nacht zum Samstag halten die konvektiven Umlagerungen gegen ihren nächtlichen Hauptfeind „Tagesgang“ zunächst noch stand, bevor sie dann spätestens nach Mitternacht schwächer werden oder nach Südosten abziehen. Gerade am Alpenrand kann es dabei noch längere Zeit regnen. Im Norden macht sich die Annäherung einer neuen Front (Okklusion mit KF-Charakter) in Form dichterer Wolken und etwas Regen bemerkbar. Ansonsten gilt dort, wo es mal für längere Zeit aufklart, kann sich das eine oder andere Nebelfeld bilden.
Samstag… bleibt uns die westliche Höhenströmung erhalten. Sie wölbt sich infinitesimal auf, so dass sie eine leicht antizyklonal gekrümmte Kontur annimmt. Einzig der äußerste Norden wird von einem KW-Trog gestreift. Gleichzeitig greift die o.e. Okklusion bzw. Kaltfront auf Norddeutschland über, wobei ICON kaum, IFS etwas mehr und GFS am verbreitetsten Regen simuliert. Zwar deuten sich in Verbindung mit der rückseitig einströmenden erwärmten Meereskaltluft konvektive Verstärkungen an, für kurze Gewitter wird es wahrscheinlich aber nicht reichen (nicht ausreichend labil genug, kaum CAPE). Eine geringe Restwahrscheinlichkeit besteht vielleicht an der Kaltfront bzw. knapp davor. Ansonsten muss sich derjenige, der Gewitter erleben möchte, weit nach Süden begeben. Dort wird die potenziell instabile Warmluft weit nach Süden abgedrängt, so dass auf deutscher Seite nur noch der Alpenrand, das unmittelbare Vorland sowie der äußerste Süden von BW übrigbleiben. Dort werden ähnliche ML-CAPE- und PPW-Werte wie heute erreicht. Die Auslöse dürfte einmal mehr über das Bergland erfolgen, wobei die einzelnen Zellen aufgrund ihrer Stehversuche (kaum Höhenströmung) durchaus Unwettercharakter durch Starkregen oder größeren Hagel annehmen können. Sonnentechnisch bleibt die Südhälfte klar in der Vorhand gegenüber dem Norden, wo sich größere Auflockerungen am ehesten auf die Küste und die vorgelagerten Inseln kaprizieren. Der Temperaturunterschied zwischen Nord und Süd bleibt hoch (T850 zwischen 7°C an der Grenze zu DK und 18°C an der Grenze zu CH/A) mit 19-24°C im Norden, 24 bis 30°C in der Mitte und 28 bis 24°C im Süden.
In der Nacht zum Sonntag wölbt sich die Höhenströmung noch etwas auf, während von Nordostspanien her ein ausgewiesenes Höhentief über die Pyrenäen auf Südfrankreich übergreift – zunächst noch ohne Konsequenzen auf unser Wetter. Das verläuft ruhig mit nachlassender Konvektion im Süden und gebietsweise noch etwas Regen an der über Norddeutschland allmählich rückläufig werdenden Kaltfront.
Sonntag… verlagert sich das Höhentief gen Zentralfrankreich, wobei es zunehmend die Kontur eines Troges annimmt. Vorderseitig steilt sich der Rücken über Deutschland noch etwas auf bei gleichzeitiger Verlagerung nach Osten bzw. Nordosten. Folgerichtig dreht die Höhenströmung im W und S allmählich auf Südwest bis Süd, wodurch auch die potenziell instabile Warmluft wieder Boden nach Norden hin gutmacht. Erkennbar ist das auch im Bodendruckfeld, wo die über Norddeutschland positionierte Luftmassengrenze als Warmfront in Richtung Küste steuert. Über SW-Frankreich bildet sich ein flaches frontenloses Tief, das bis zum Tagesende den Norden erreicht. Dabei fällt der Luftdruck auch bei uns, was sich in Form einer flachen, Richtung Westdeutschland exponierten Rinne widerspiegelt. Wie auch immer und ohne Details, mit Ausbreitung der potenziell instabilen Warmluft nach Norden (wahrscheinlich zunächst mal bis in die mittleren Landesteile) steigt die Gewitterwahrscheinlichkeit im Süden gegenüber dem Vortag wieder deutlich an. Aufgrund der niedrigen Scherungswerte sind tagsüber keine organisierten Strukturen zu erwarten, gleichwohl sind lokale Unwetter vor allem durch Starkregen und Hagel wahrscheinlich. Was Timing, Positionierung usw. angeht müssen wir noch etwas abwarten. Temperaturmäßig ändert sich nicht allzu viel gegenüber dem Vortag.
Modellvergleich und -einschätzung
Das Übliche: Die grundlegende Entwicklung steht, die Details – in diesem Fall vornehmlich das konvektive Geschehen betreffend – nicht. Unsicherheiten wurden im Text erwähnt. Aufgrund der heute nur regional begrenzt auftretenden Unwetter wurde auf eine Vorabinformation verzichtet.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Hoffmann
Kommentare
<span class="dojodigital_toggle_title">Gewitter mit Unwetterpotential 07.07.2017</span> — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>