Wenn ein Gewitter extreme Regenmengen bringt
Wenn ein Gewitter extreme Regenmengen bringt
Zunächst einmal soll noch einmal kurz auf die für die Gewitterentwicklung notwendigen Zutaten eingegangen werden: In der Atmosphäre wird Energie für die hoch auftürmenden Gewitterwolken benötigt und es muss ausreichend Feuchtigkeit vorhanden sein, damit die Wolken auch bestehen bleiben. Zu guter Letzt braucht es noch einen Hebungsmechanismus, der diese feuchte und energiegeladene Luftmasse in höhere Luftschichten verfrachtet und für Kondensation (Bildung von Wolkentröpfchen und Eiskristallen) sorgt. Dies geschieht oft im Sommer im Bereich einer Kaltfront, wenn die kalte Luft auf die davor lagernde schwül-warme Luft trifft, sich unter diese schiebt und die Warmluft spontan anhebt. Zusätzlich kann auch noch die Windscherung eine Rolle spielen, denn bei einer Zunahme der Windgeschwindigkeit und Änderung der Windrichtung mit der Höhe leben Gewitterzellen länger und sind auch sehr häufig mit schadensträchtigen Begleiterscheinungen wie Hagel oder Sturmböen verbunden. Allerdings resultiert der kräftige Höhenwind meist auch in einer raschen Verlagerung der Gewitter und verringert somit das Starkregenpotential.
In den meisten Fällen ist aber eher schwacher Wind in der mittleren Troposphäre (3 bis 5 km über dem Erdboden) dafür verantwortlich, dass Gewitter sich auch entsprechend langsam verlagern, teilweise auch wie z.B. in Bretten an Ort und Stelle verharren. Die Regenlast wird daher für längere Zeit über einem Ort „abgeworfen“ und es kommt zu den bekannten „Sturzfluten“, die auch oft mit Muren (Erdrutschen) verbunden sind. Dann muss die Troposphäre natürlich auch hochreichend feucht sein.
Aber auch die Sonneneinstrahlung kann zu einem gewitterauslösenden Impuls führen. Im Sommer bilden sich durch die Aufheizung des Erdbodens sogenannte Konvergenzzonen aus, wo heiße Luft aufsteigt und bodennah aus entgegengesetzten Richtungen nachgeführt wird. Zudem sorgen die zusammenströmenden feuchten Luftmassen für ein erhöhtes Feuchteangebot entlang einer Konvergenz. Ein Gewitter erfährt somit maximale Feuchtezufuhr und Hebung, weshalb es sich vor Ort immer wieder regenerieren kann – in der Meteorologie wird dies auch als „training“ (über einer Stelle wiederholt ziehend) oder „back-building“ (gegen die Zugrichtung des Gewitters rückwärts anbauend) bezeichnet. Genau dies sorgt für die extremen Niederschläge.
Auf Grund dieser physikalisch und thermodynamisch nachvollziehbaren Vorgänge lassen sich die Begleiterscheinungen solcher Gewitter recht gut vorhersagen. Wir Meteorologen sprechen hierbei von einer Konvektionsanalyse. Da sich die atmosphärischen Bedingungen auf kleinstem Raum aber rasch ändern können und dies auch kaum von den Rechenmodellen erfasst werden kann, ist die genaue Ortsbestimmung für die Gewitterentstehung schwierig und stellt uns Meteorologen auch in der heutigen Zeit trotz der fortgeschrittenen Computertechnologie vor große Herausforderungen.
Ein Blick auf den heutigen Freitag und das kommende Wochenende zeigt, dass die Rahmenbedingungen für Gewitter mit heftigem Starkregen über Deutschland erneut gegeben sind, da vorderseitig des Tiefs „MICHEL“ über der Biskaya hochreichend feuchte, warme und energiegeladene Luft vom westlichen Mittelmeer nach Deutschland gelenkt wird. Behalten Sie bitte daher heute und die kommenden Tage die Wetter- und Warnlage im Auge und informieren Sie sich unter www.wettergefahren.de oder in der neuen DWD WarnWetter-App über die aktuelle Wetterentwicklung.
Dipl.-Met. Helge Tuschy Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.06.2015 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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