Tropischer Sturm über Queensland
Tropischer Sturm über Queensland
Im südhemisphärischen Spätsommer neigt sich die Regenzeit in Nordaustralien allmählich ihrem Ende entgegen. In der Nacht zu Mittwoch entstand über dem Golf von Carpentaria aus einer mit organisierter Konvektion verbundenen Gewitterstörung ein „tropischer Sturm“.
Da es in den Tropen keine thermischen, d.h. durch Temperaturunterschiede definierbaren Jahreszeiten gibt, muss eine saisonale Differenzierung anhand der Niederschlagsverhältnisse erfolgen. Diese werden im Wesentlichen durch den Verlauf der sog. Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ), einem im Laufe des Jahres den Sonnenhöchstständen folgenden, durch Konvektion verursachten, weltumspannenden Tiefdruckgürtel und die damit verbundenen „Zenitalregenfälle“ dominiert.
Die Gebiete der inneren Tropen, das ist die Zone um den Äquator bis ca. 10° nördlicher und südlicher Breite, werden innerhalb eines Jahres entsprechend dem Sonnenlauf von der ITC zweimal überquert. Somit weisen sie zwei deutlich ausgeprägte klimatische Niederschlagsmaxima auf. In den Randtropen, mit wachsender geographischer Breite und Annäherung an die Wendekreise, verringert sich der Zeitraum zwischen den ITC-Passagen immer mehr und das doppelte Niederschlagsmaximum geht schließlich in ein einfaches, im Sommer der jeweiligen Hemisphäre gelegenes Maximum über.
Zu den Randtropen, auch äußere oder wechselfeuchte Tropen genannt, zählen die nördlichen Teile Australiens. Dort wird die Regenzeit „The Wet“ genannt, doch auch die Bezeichnung „Monsun“ ist durchaus üblich. Sie dauert etwa von Dezember bis April und ist durch heftige Gewitter und sintflutartige Regenfälle charakterisiert. Dabei sind Januar, Februar und März die regenreichsten Monate – in diesen Tagen ist also noch Hochsaison bei schwülen 27 bis 35 °C.
In der Nacht zu Mittwoch entstand über dem westlichen Golf von Carpentaria aus einer mit organisierter Konvektion verbundenen Gewitterstörung der „tropische Sturm 16P“. Unter einem „tropischen Sturm“ versteht man nach Lesart des in Pearl Harbor, Hawaii, ansässigen Joint Typhoon Warning Centers (JTWC) der US-Marine das zweite Entwicklungsstadium eines im Idealfalle stetigen Lebenszyklus tropischer Tiefdruckgebiete, die als „tropische Depression“ starten und als „Zyklon“ enden.
Der tropische Sturm „16P“ zieht seit seiner Entstehung mit einer Verlagerungsgeschwindigkeit von ca. 17 km/h im wesentlichen ostsüdostwärts und wird am späten Mittwochabend (Ortszeit) an der Ostküste des Golfs von Carpentaria auf etwa 16,7° nördlicher Breite in einer ziemlich dünn besiedelten Gegend landen. In seinem Einflussbereich ist mit Windgeschwindigkeiten von 35 Knoten, in Böen mit bis zu 45 Knoten zu rechnen (engl. Einheitenzeichen [kt], 1 kt = 1,852 km/h).
Da tropische Tiefdruckgebiete für ihren Fortbestand neben atmosphärischer Labilität auch eine geringe Rauigkeit der Erdoberfläche sowie genügend Wärme- und Feuchtnachschub „von unten“ benötigen, also ausreichend warme Wasseroberflächen bevorzugen, dürfte sich „16P“ im Verlaufe des morgigen Tages über dem Norden von Queensland auflösen. Allerdings besteht auch eine geringe Wahrscheinlichkeit für seine Reaktivierung in der Korallensee, sofern er die Landmasse bis zur australischen Ostküste einigermaßen unbeschadet passieren kann.
Unten sehen Sie ein infrarotes Satellitenbild (10,8 µm) des tropischen Sturmes „16P“ vom Dienstag, 15.03.2016, 23:00 UTC, ergänzt um eine numerische Analyse des Geopotentials. Um den Kern des Tiefdruckgebietes liegt bei 312 gpdam (etwa 3 km Höhe) eine abgeschlossene Isohypse der 700-hPa-Fläche, die 500-hPa-Fläche am unteren rechten Bildrand mit 584 gpdam ist recht weit entfernt. Das bedeutet, dass das sich das tropische Tiefdruckgebiet zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der mittleren Atmosphäre ausprägt, also recht „flach“ ist. Die Windpfeile signalisieren die zyklonale Rotation des Wirbels, die auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn erfolgt. Neben Windgeschwindigkeiten in Sturmstärke sind die gewaltigen Regenmengen ein weiteres Merkmal tropischer Stürme. Daher sind auch die in den vierundzwanzig Stunden bis zum Termin gefallenen Regenmengen [1L/m² = 1 mm] auf der Karte eingetragen. Beispielgebend sind die Beobachtungen an den Stationen Townsville Airport (19°15’S, 146°46’E, 5 m Höhe) mit 122 mm und Sweers Island (16°58’S, 139°36’E, 4 m Höhe) mit 117 mm Niederschlag.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.03.2016
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