Gewitter mit Unwetterpotential 19.07.2017
Gewitter mit Unwetterpotential 19.07.2017
Uhrzeit: 21:00
Einige haben sich sicherlich schon gefragt, wann der Hose endlich beginnt seine Warnung abzusetzen. Ja, es ist soweit. Ich wollte erstmal den sonnigen Nachmittag genießen und euch nicht weiter nerven. Das die Luft genug Energie hat, ist sicherlich jedem aufgefallen und viele haben Zuflucht im kühlen Nass gesucht. So wie sieht es momentan aus?
Es zieht sich langsam zu, obwohl die Gewitterlinie noch westlich des Harzes ist. Ich rechne mit einer Ankunft gegen 23 Uhr. Wie stark es wird, kann man noch nicht sagen. Aber die Lieblingsblume sollte man schon mal unterstellen. Mehr dazu später.
Update 22:00 Uhr
Das Gewitter ist eher da. Die Ausprägung ist mittelstark
Wetterwarnung
WARNLAGEBERICHT für Sachsen-Anhalt
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am Mittwoch, 19.07.2017, 20:30 Uhr
Nachts und morgen von Westen starke Gewitter, örtlich UNWETTER.
Entwicklung der Wetter- und Warnlage für die nächsten 24 Stunden bis Donnerstag, 20.07.2017, 20:30 Uhr:
Die Fronten eines Tiefdruckgebiets über der Nordsee führen in einer feucht-warmen Luftmasse in Mitteldeutschland zeitweise zu Gewittern.
In den Abendstunden und in der kommenden Nacht ziehen von Westen her starke Gewitter mit Starkregen bis 25 Liter pro Quadratmeter, Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9) und kleinkörnigem Hagel vorüber. Sie können sich örtlich zu UNWETTERN mit heftigem Starkregen bis 40 Liter pro Quadratmeter, schweren Sturmböen bis 100 km/h (Bft 10) und Hagel mit Korngrößen bis 4 cm weiterentwickeln. Die Gewitter ziehen gegen Morgen nach Osten ab. Am Donnerstag werden erneut starke Gewitter mit Starkregen bis 25 Liter pro Quadratmeter, Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9) und kleinkörnigem Hagel auftreten. Diese können vormittags nur vereinzelt, nachmittags dann verbreiteter erwartet werden. Vereinzelte UNWETTER mit heftigem Starkregen bis 40 Liter pro Quadratmeter und Hagel mit Korngrößen bis 3 cm sind am Nachmittag vor allem im Norden nicht ausgeschlossen.
Unwetter-Video DWD
https://youtu.be/Gmh6ATN3owU
Synoptische Übersicht
Nacht auf den Norden und Nordosten übergreifend. Am Donnerstag im Osten und Süden sowie in Teilen der Mitte erneut Gewitter mit Unwettergefahr. Wahrscheinlichkeit von unwetterartigen Gewittern zum Wochenende hin jedoch zusehends abnehmend.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
Aktuell … liegt Deutschland unter einem Höhenkeil, der von einem von Karelien bis ins Schwarzmeergebiet reichenden Trog im Osten und von einem sich vom nahen Ostatlantik zur Iberischen Halbinsel erstreckenden Trog flankiert wird. Im Bereich des Keils erfolgte Absinken und damit eine nahezu ungehinderte Einstrahlung und Aufheizung der Luftmasse auf Temperaturen deutlich über 30 bis 35 Grad. Mit dem Schwenken der Achse des Keils nach Osten dreht die Strömung auf Süd-Südwest. Mit dieser gelangt feuchtwarme und labil geschichtete Luft nach Deutschland, wobei CAPE auf 1500 bis etwa 2500 J/kg steigt und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 30 bis über 40 mm, ganz im Westen auch bis 45 mm, erreicht. Der Temp von 12 UTC von De Bilt bestätigt diese Vorhersagen. Mit der südwestlichen Strömung wurde nicht nur Luft subtropischen Ursprungs, sondern auch kurzwellige Tröge eingesteuert, die die Hebung für die Auslösung von Gewittern gegeben sind. Somit waren die Voraussetzungen für eine ausgewachsene Schwergewitterlage zumindest im Westen und Nordwesten Deutschlands gegeben. Entsprechend entwickelte sich auch ein erster Gewitterkomplex, der ab etwa 15 Uhr von Belgien kommend auf das südliche NRW übergriff und mit einer hohen Unwetterwarnung versehen wurde. Laut Radar trat sogar größerer Hagel auf; auch schwere Sturmböen waren dabei. Ab 16:30 Uhr begann der Komplex zu verclustern und setzte danach im Nordwesten und auch im Südteil neu an. Bedingt durch die nahezu nicht vorhandene Scherung wiesen die Zellen noch keine allzu lange Lebensdauer auf. Mit den Schwenken des Keils nach Nordostdeutschland setzt sich nahezu überall eine süd-südwestliche und leicht mäandrierende Strömung durch. Mit dieser dringt die feuchtlabile Luft weiter nach Nordosten vor. Der atlantische Trog kommt dann bis zur Biskaya und zur Iberischen Halbinsel voran. Die diesem Trog vorgelagerte Tiefdruckrinne weitet sich zusehends in den Nordwesten und später in den gesamten Norden Deutschlands aus. Folglich sollte sich das Maximum der Gewittertätigkeit in diese Gebiete verschieben. Gegenüber der aktuellen Situation nimmt vor allem die niedertroposphärische Scherung noch deutlich zu. Somit wären auch Konvektionszellen mit einer längeren Lebensdauer vorstellbar. Aber auch in den anderen Gebieten südwestlich der Elbe und Berliner Urstromtal ist die Schichtung hinreichend labil und die Luftmasse entsprechend mit Feuchte geladen, so dass Gewitter bis hin zum Unwetter auch dort vorstellbar sind. Allerdings ist dort die Hebung aufgrund der Nähe zum Keil deutlich schwächer bzw. nicht vorhanden, so dass der Hebungsantrieb durch die Mittelgebirge geliefert werden muss. Im Laufe der Nacht können von Frankreich und auch von den Alpen her erneut Gewitter bis hin zum Unwetter auf Deutschland übergreifen.
Donnerstag … verabschiedet sich der Höhenkeil nach Osten, so dass sich über dem gesamten Vorhersagegebiet eine südwestliche mäandrierende Strömung durchsetzt. Die labilste Luftmasse mit CAPE bis annähernd 2000 J/kg und einem Flüssigwassergehalt bis über 40 mm wird nach Nordostdeutschland abgedrängt. Folglich sind dort Gewitter bis hin zum Unwetter (erneut durch größeren Hagel und heftigen Starkregen, auch schwere Sturmböen nicht ganz auszuschließen) am wahrscheinlichsten. Dort werden diese Entwicklungen durch niedertroposphärische Scherung gestützt. In den anderen Gebieten setzt sich mit einer auf West und später wieder auf Südwest drehenden bodennahen Strömung eine etwas gemäßigtere Luftmasse durch. Zwar ist auch dort die Schichtung noch hinreichend labil; Hebung wird geboten, aber der Gehalt an niederschlagbarem Wasser geht auf 30 bis unter 25 mm zurück und CAPE liegt nur noch bei wenigen hundert J/kg. Mit anderen Worten: Gewitter sind auch dort zu erwarten; Unwetter jedoch deutlich weniger wahrscheinlich als im Nordosten, aber nicht ganz auszuschließen. Von Westen einsetzende Kaltluftadvektion kann dann auch mal für größere Auflockerungen und Aufheiterungen sorgen und dürfte die hochreichende Konvektion weitgehend dämpfen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 24 bis 28, in Oder- und Neißenähe nochmals bis 30 Grad und in Küstennähe sowie ganz im Nordwesten 20 bis 24 Grad. In der Nacht zum Freitag weitet sich der über Westeuropa liegende Trog etwas nach Süden aus, was die Strömung aufsteilen lässt. Die Strömung wird somit leicht antizyklonal, was sich auch im Bodendruckfeld durch ein schwaches Hoch bemerkbar macht, das für eine weitgehende Wetterberuhigung sorgt. Im Nordwesten und Westen erfolgt dann eine merkliche Stabilisierung. Generell dürfte dann aber in der zweiten Nachthälfte auch im Nordosten und ganz im Osten die Gewittertätigkeit zum Erliegen kommen. Freitag … wird an der Vorderseite des westeuropäischen Troges (der mittlerweile ausgetropft ist und sich in ein Höhentief über den britischen Inseln umgewandelt hat) ein weiterer Kurzwellentrog nach Nordosten gesteuert. Mit Annäherung dieses Kurzwellentroges steilt die Strömung auf, so dass die feuchtlabile Luftmasse, die zuvor im Süden bereits zu den Alpen zurückgedrängt war, wieder eingesteuert wird und in den gesamten Süden bis etwa zur Mainlinie und in den Erzgebirgsraum hinein vordringt. Dies geht erneut mit einem Anstieg des Gehalts an niederschlagbarem Wasser auf 25 bis etwa 35 mm einher. Da sich dort eine diffluente Vorderseite abzeichnet, ist auch ein entsprechender Hebungsantrieb gegeben. Folglich werden in diesen Gebieten Gewitter bis hin zum Unwetter wieder wahrscheinlicher. Dabei kann das gesamte Spektrum bis hin zu schweren Sturmböen ausgeschöpft werden. Allerdings ist die Scherung vergleichsweise schwach, so dass langlebige Strukturen wenig wahrscheinblich sind. Allerdings ist aufgrund des Charakters der Luftmasse die Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Entwicklungen nicht so hoch wie heute. In den anderen Gebieten hält sich noch die eher gemäßigte Luftmasse. Zwar können sich auch dort bevorzugt über den Mittelgebirgen einzelne Gewitter entwickeln. Unwetter sind dort jedoch wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen. Die Temperaturen ändern sich gegenüber Donnerstag nur unwesentlich. In der Nacht zum Samstag wird der zuvor beschriebene Sekundärtrog um das Höhentief herum gesteuert und erreicht den Südwesten Deutschlands. Folglich kommt die feuchtlabile Luft im Osten noch weiter nach Norden voran. Da durch diesen Kurzwellentrog einigermaßen Hebung generiert wird, dürfte im Südosten und Osten sowie zum Teil auch in den mittleren Gebieten die Gewittertätigkeit noch nicht so recht oder erst sehr spät zum Erliegen kommen. Wie weit dann die Gewittertätigkeit noch auf den Südwesten übergreift, ist noch unsicher. Zumindest in der ersten Nachthälfte sind Unwetter durch heftigen Starkregen, weniger durch größeren Hagel oder Sturmböen, vorstellbar. Im Nordosten und im Westen ist die Wahrscheinlichkeit für konvektive Umlagerungen gering. Dort hat sich eine stabilere Luftmasse durchgesetzt, so dass dort eine Wetterberuhigung zu erwarten ist.
Samstag … liegt das wetterbestimmende Höhentief nach wie vor über den Britischen Inseln. Der von diesem Tief ausgehende Haupttrog schwenkt nach Ostfrankreich, wobei sich auch über dem Vorhersagebiet eine zunehmende Zyklonalität bemerkbar macht. Dies lässt die Strömung im Norden und Nordosten annähernd auf Süd drehen, wogegen sich sonst eine südwestliche Strömung abzeichnet. Hinzu kommt eine ausgeprägte Diffluenz, was weitere Hebung generiert. Mit dieser Strömung gelangt die feuchtwarme und labil geschichtete Luft in den Osten und Südosten Deutschlands. Hierdurch entwickeln sich im Tagesverlauf erneut Gewitter bis hin zum Unwetter, wobei Unwettergefahr im wesentlichen durch heftigen Starkregen und weniger durch größeren Hagel und schwere Sturmböen gegeben ist. In Ostseenähe und in Vorpommern wird diese Luftmasse durch ein schwaches Hoch über Nordeuropa zurückgehalten. In den Westen gelangt eine gemäßigtere Luftmasse; Kaltluftadvektion bewirkt dort eine Stabilisierung, so dass dort die Voraussetzungen für hochreichende Konvektion nicht gegeben sind. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 24 bis 29, in Küstennähe und im Bergland Werte um 21 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede ableiten. Der oben beschriebene Ablauf lässt sich auch bei abgeleiteten Größen externer Modelle wie CAPE nachvollziehen. Allerdings zeigt EZMW für Freitag eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Wetterberuhigung. Probabilistische Verfahren wie COSMO-LEPS und das EPS des EZMW stützen hinsichtlich der Verteilung der Luftmassen (CAPE!) die oben getroffenen Aussagen. Zum Wochenende hin wird die Unwettergefahr zusehends geringer. Dieser Prozess setzt bereits morgen ein, da die labilste Luftmasse bereits nach Osten abgedrängt ist. Dies wird auch von hoch auflösenden Modellen (simulierte Radarreflektivität und 6-std. Niederschlagssummen) gezeigt. Allerdings sind unwetterartige Entwicklungen (hauptsächlich durch heftigen Starkregen und weniger durch größeren Hagel) nach wie vor nicht auszuschließen. Extreme Unwetter sollte es dann allerdings nicht mehr geben.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Thomas Schumann
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