Gewitter mit Unwetterpotential 20.07.2017
Gewitter mit Unwetterpotential
Uhrzeit: 15:45
Die Gewitter gestern waren völlig durchschnittlich, was auch gut so ist. Jetzt kommen von Südwest wieder viele Zellen auf Brachwitz zu. Stärke kann erst kurz vorher bestimmt werden. Ich aktualisiere hier eventuelle kritische Situationen.
Wetterwarnung
WARNLAGEBERICHT für Sachsen-Anhalt
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am Donnerstag, 20.07.2017, 15:33 Uhr
Heute einzelne starke Gewitter. Kommende Nacht allmählich abklingend. Am Freitag nur geringe Gewitterwahrscheinlichkeit.
Entwicklung der Wetter- und Warnlage für die nächsten 24 Stunden bis Freitag, 21.07.2017, 15 Uhr:
Die Fronten eines Tiefdruckgebiets über der Nordsee führen in einer schwül-warmen Luftmasse in Mitteldeutschland zeitweise zu Gewittern.
Heute Nachmittag und Abend können einzelne starke Gewitter mit Starkregen bis 25 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9) und kleinkörnigem Hagel auftreten. In der Nacht zum Freitag ziehen die Gewitter ostwärts ab und nachfolgend werden keine Wettergefahren mehr erwartet. Am Freitagnachmittag ist die Wahrscheinlichkeit für Gewitter nur gering.
Deutscher Wetterdienst, RWB Leipzig, Manuel Voigt
Unwetter-Video DWD
Synoptische Übersicht
und Norden sowie im Südosten, am Freitag im Süden. Samstag nächster Höhepunkt der Gewitterlage möglich.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
Donnerstag… erstreckt sich ein Keil vom Ostalpenraum über Südskandinavien zum Nordmeer, so dass Deutschland an seiner Westflanke auf der Vorderseite eines Troges bei den Britischen Inseln in einer südwestlichen Strömung liegt mit der schwülwarme, instabile Luftmassen nach Deutschland gelangen. Eine Luftmassengrenze über dem äußersten Nordosten grenzt diese Luft von einer stabileren Luft ab, die in die Ostseenahen Regionen aus östlicher Richtung einfließt. Dabei sorgen kurzwellige Troganteile, teilweise aber auch konvergente Strukturen im Bodenwindfeld für Hebungsantriebe. Im Tagesverlauf setzt von Westen her ebenfalls die Zufuhr einer trockeneren und stabileren Luftmasse ein, die von Westen her zu einer Wetterberuhigung führt. Die Gewitter, bzw. schauerartigen Regenfälle aktuell über den westlichen Landesteilen, geknüpft an eine Konvergenz im Bodendruckfeld, ziehen nach Nordosten und schwächen sich im Laufe des Vormittags dem Tagesgang folgend zunächst ab um dann im Tagesverlauf wieder aufzuleben. Die instabilste Luft liegt bis dahin im Norden und Nordosten Deutschlands, wo CAPE Werte bis 1500 J/kg simuliert werden. Das mag etwas übertrieben sein, aber auch in Anbetracht der hohen PPW Werte (bis 40 mm) können sich vor allem dort wieder unwetterartige Gewitter bilden mit heftigem Starkregen und Hagel. Die Gefahr von schweren Sturmböen, sollte aber geringer sein als gestern, da nahe dem Höhenrücken kaum Scherung vorhanden ist und organisierte Strukturen damit unwahrscheinlich sind. Auch ist die Troposphäre durchgehend feucht, was ebenfalls gegen heftigere Windentwicklungen spricht. Auch angesichts des Outputs der hochauflösenden Modelle, die zurückhaltender simulieren, und der Ensembleverfahren kann auf die Ausgabe einer Vorabinformation verzichtet werden, da die Gewitter nicht mehr die Qualität der gestrigen Entwicklungen haben werden. Auch im äußersten Südosten ist die Gefahr unwetterartiger Entwicklungen erhöht, da dort ein Hebungsmaximum simuliert wird, das über den Alpenraum nach Osten bis Nordosten wandert und auch den äußersten Süden und Südosten beeinflusst. In den anderen Landesteilen bilden sich eher einzelne Gewitter, die vereinzelt aber ebenfalls Unwetterpotential (Starkregen) besitzen. Im Verlauf des Nachmittags und Abends stabilisiert es mit der einsetzenden Kaltluftadvektion von Westen her zusehends.
In der Nacht zum Freitag weitet sich der Trog mit Zentrum über Irland nach Süden aus, kommt aber zunächst kaum nach Osten voran. Dabei dreht die Strömung bei uns noch etwas nach Süd und nimmt gleichzeitig eine leicht antizyklonale Kontur an. Dabei breitet sich die stabilere Luft über Deutschland weiter aus. Infolge des Absinkens durch leichte Kaltluftadvektion bildet sich über Mitteleuropa ein flaches Hochdruckgebiet. Anfangs liegt der Osten noch im Bereich der schwülwarmen Gewitterluft, ausgangs der Nacht im Wesentlichen noch die südlichen Landesteile. Dort treten auch noch Gewitter auf, anfangs mit Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, die aber im Laufe der Nacht schwächer werden und einerseits zur Ostsee und nach Polen hin abziehen, andererseits sich auflösen, so dass allgemein eine deutliche Wetterberuhigung einsetzt und sich später bei teils geringer Bewölkung höchstens mal ein Nebelfeld bildet.
Freitag… kommt das Drehzentrum des Troges über Irland etwas nach Süden voran, aber nur sehr wenig nach Osten, stromab formiert sich wieder ein Höhenkeil, dessen Achse über dem Nordosten unseres Landes liegt, womit wir weiter unter südwestlichen bis südlichen Höhenströmung liegen. Das flache Hoch im Bodendruckfeld verabschiedet sich rasch wieder nach Nordosten und von Südwesten weitet sich eine flache Rinne, ausgehend vom Tief bei Irland in den Westen und Südwesten aus. Dabei gewinnt die schwülwarme und instabile Luft wieder nach Norden an Raum und breitet sich bis in die südliche Mitte aus. Weiter nördlich bleibt die trockenere und stabilere Luft wetterbestimmend. Kurzwellige Tröge generieren vor allem im Süden und Südwesten wieder Hebung. Dort bilden sich dann ausgehend vom Bergland ab den Mittagsstunden wieder Schauer und Gewitter. Bei CAPE Werten über 1000 J/kg und einem Wassergehalt von 30 bis 35 mm besteht vereinzelt Unwettergefahr hauptsächlich durch heftigen Starkregen, da die Scherung fehlt und bei gradientschwachen Bedingungen eher Einzelzellen, bzw. Multizellen entstehen. Dennoch können ganz vereinzelt Sturmböen und Hagel nicht ausgeschlossen werden, dass diese Begleiterscheinungen unwetterartig werden, scheint aber unwahrscheinlich. Weiter nördlich können sich höchstens vereinzelt Gewitter bilden, vor allem über dem Mittelgebirgsraum.
In der Nacht zum Samstag nähert sich der Trog von Westen her deutlicher an und der Rücken wird nach Nordosten abgedrängt, während die Rinne im Bodendruckfeld nach Norden vorankommt. Es kommt über die Nacht hinweg zu weiteren Gewittern, die sich nach Norden ausweiten und Samstagmorgen die Elbe erreichen können. Auch von Frankreich her können im Verlauf der Nacht Gewittercluster in den Südwesten ziehen. Es besteht über die Nacht hinweg die Möglichkeit lokaler Unwetter, vor allem durch Starkregen.
Samstag… verlagert sich der Trog progressiv in unsere Richtung, das Drehzentrum liegt abends über Südostengland. Das fast achsensenkrecht darunter liegende Tief am Boden weist dagegen kaum noch Entwicklungspotential auf und liegt nahe dem Ostausgang des Ärmelkanals. Von dort ausgehend reicht eine schwachgradientige Tiefdruckrinne nach Mitteleuropa hinein. Wichtiger für uns ist aber die Tatsache, dass trogvorderseitig durch positive Vorticityadvektion und die allgemeine Diffluenz in der Höhe getriggerte kräftige Hebung auf Deutschland übergreift und die schwülwarme und gewitterträchtige Luft weiter nach Norden gesaugt wird und abends bis auf den äußersten Nordosten fast ganz Deutschland beeinflusst. Im äußersten Nordosten blockiert hoher Druck über Nordeuropa das Vorankommen der feuchtwarmen Luft. Ansonsten steigt Cape tagsüber auf mehr als 1500 J/kg, der Wassergehalt liegt zwischen 30 und 40 mm. Zudem liegt CAPE ungedeckelt vor, so dass die Gewitter tagsüber rasch wieder aufleben. Mit der Annäherung des Troges nimmt die südwestliche Höhenströmung zu, entsprechend auch die hochreichende Scherung, so dass sich auch organisierte, langlebige Strukturen bilden können und die Unwettergefahr wieder ansteigt. Die Schwerpunkte auszumachen fällt zunächst nicht leicht. Ganz im Nordosten und ganz im Westen passiert wohl nicht viel, ansonsten besteht Unwettergefahr, da aber im Südosten und äußersten Osten die Scherung fehlt, ist sie dort (etwas) geringer. Insgesamt zeichnet sich ein nächster Höhepunkt der Gewitteraktivität ab, auch eine überregionale Unwetterlage ist denkbar.
Im Westen beginnt im Tagesverlauf mit Kaltluftadvektion eine stabilere Luft fußzufassen. Abends greift in diese Luft die Kaltfront des Bodentiefs über und bringt im äußersten Westen schauerartigen Regen, der wohl nur noch vereinzelt gewittrig ist.
In der Nacht zum Sonntag kommt das Drehzentrum des Troges bis vor die niederländische Küste voran, während sich der tiefste Druck in die Küstenregionen und knapp nördlich davon verschiebt, so dass mit der sich einstellenden schwachen westlichen Strömung die wärmste und instabilste Luft langsam nach Osten abgedrängt wird und eine weniger warme, aber immer noch leicht instabile Luft einströmt. Es kommt dabei zunächst zu weiteren schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen. Teils auch noch zu kräftigen Gewittern, die aber im Laufe der Nacht in den Nordosten und Südosten abgedrängt werden. Ansonsten beruhigt sich das Wetter und es kommt nur noch zu einzelnen Schauern.
Modellvergleich und -einschätzung
Abgesehen von den üblichen Unschärfen bei konvektiven Lagen simulieren die Modelle ähnlich und zeigen erst am Samstag größere Differenzen bei der Verteilung der Niederschläge/Gewitter. Für heute kann auf die Ausgabe einer Vorabinfo verzichtet werden (siehe Text). Am ehesten steht diese für den Samstag wieder auf dem Plan. Die Unterschiede für den Samstag zu diskutieren, ist noch zu früh.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Bernd Zeuschner
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